Viva la Mamma (Gaetano Donizetti)

Viva la Mamma
oder Die Sitten und Unsitten des Theaters

Inhaltsangabe der deutschen Bearbeitung.
Sie weicht sehr stark vom Original an!

Corilla Sartineccki die Primadonna
Stefano ihr Ehemann
Luigia Boschi die zweite Sängerin
Agata ihre Mutter
Dorotea Caccini die Mezzosopranistin
Guglielmo Antolstoinolonoff der erste Tenor
Vincenzo Biscroma der Komponist
Orazio Prospero der Librettist
Der Impresario
Chor

Inhalt

Hege Gustava Tjoenn + Marek Marzecki, Regensburg 1999

Hege Gustava Tjoenn + Marek Marzecki, Regensburg 1999

I. Akt
Probebühne des Gastspielortes: Anwesend ist das engagierte singende Personal, auch der Komponist (gleichzeitig Regisseur) und der Librettist. Die Probe beginnt mit der Arie der Ersilia mit Männerchor. Die Primadonna ist höchst entzückt über die vielen Koloraturen und Triller, die der Komponist ihr in die geläufige Gurgel geschrieben hat. So ist der Text absolut nicht zu verstehen, weshalb sie ihn auch in der originalen Sprache (italienisch) singt. Die Arie des Ersten Tenors soll folgen. Doch der, russisch-italienischer Abkunft, ist nicht recht bei Stimme, und zudem hapert es mit seinen Sprachkenntnissen. Madame Sartinecchi, die Erste Sopranistin, wünscht plötzlich eine Änderung des Librettos: Romulus soll in Ketten erscheinen, weil sie sich bei ihrem nachfolgenden Rondo an diese hängen könne. Der Librettist lehnt ab, weil Romulus als Triumphator Einzug halte, und das gehe nicht in Ketten.

Der Impresario (Intendant, Dramaturg und Werbeleiter in Personalunion) erscheint mit dem Plakatentwurf, als plötzlich Tumult hinter der Bühne entsteht: Mamma Agata, die Mutter der zweiten Sopranistin Luigia, tritt auf. Sie ist empört: man habe ihr den Zutritt zur Bühne verwehren wollen, wo doch ihr eigen Fleisch und Blut singe. Sie nimmt sich sogleich den Komponisten vor, der das Rondo für ihre Tochter immer noch nicht fertig habe. Wenn sie kein Rondo bekäme, würde die ganze Stadt revoltieren. Und Mamma weiß auch, wie dieses Rondo auszusehen hat: erst viele Triller, dann sehr schnell mit vielen Synkopen. Der Komponist beruhigt sie. Bei der Begutachtung des Plakatentwurfs stellt Stefano, Ehemann der Primadonna, fest, daß der Titel des Werks geändert werden muß: Seine Frau habe immer an erster Stelle erwähnt zu werden; also: „Ersilia und Romulus“. Der Textdichter überzeugt ihn: Immer stehe der Mann an erster Stelle, z.B. bei „Orpheus und Eurydike“, „Romeo und Julia“, „Tristan und Isolde“ – vom Anbeginn der Schöpfung sei es so geregelt, siehe „Adam und Eva“. Der etwas komplizierte Name des Tenors ist verdruckt und muß korrigiert werden. Über die Applausordnung gerät man in Streit; die Mezzosopranistin verläßt das Theater. Mamma Agata macht abfällige Bemerkungen über die Herkunft der Primadonna: Noch vor nicht allzu langer Zeit habe sie Krapfen auf dem Marktplatz verkauft, die ihr Mann in ranzigem Öl gebacken habe. Stefano verteidigt in einer großen Arie die (musikalische) Ehre seiner Frau. Agata versucht, den Komponisten zu einem Duett für ihre Tochter und die Primadonna zu bewegen. Doch die Sartinecchi lehnt brüsk ab; mit einem Flittchen werde sie nie ein Duett singen und tut’s dann doch: beide beschimpfen einander in wüsten Tönen. Die Mezzosopranistin ist inzwischen abgereist; Stefano bietet sich als Ersatz an, aber auch Agata will einspringen. Der Tenor versucht sein Duett mit Agata und ist empört: Die Dame brülle wie ein Kalb, sei immer zu tief usw. Er geht. Stefano (Bariton) soll jetzt die Tenorpartie übernehmen.

Der Librettist kommt mit der Post: Eine Zeitung für Stefano, der zu entnehmen ist, daß die Stadt noch immer über die Subvention des Theaters berate und einen Brief für Luigia, aus dem sie und ihre Mutter erfahren, daß der Impresario stets finanziell abgebrannt sei.
Plötzlich fällt allen auf, daß sie noch keinen Vorschuß erhalten haben. Die Forderung: „Erst Vorschuß, dann geht die Probe weiter!“ kontert der Impresario mit dem Hinweis auf die vertraglich festgelegte Konventionalstrafe bei Vertragsbruch.

Stefan Sevenich + Ursula Hennig + Marek Marzecki Regensburg 1999

Stefan Sevenich + Ursula Hennig + Marek Marzecki Regensburg 1999

2. Akt
Der Impresario hat die Übriggebliebenen überredet weiterzumachen; erreicht hat der dies mit dem Appell an das Künstlertum der Sängerinnen und Sänger, das höher zu bewerten sei als die Gage. Die Generalprobe beginnt. Die Primadonna singt ihre Arie mit Chor. Agata tritt an den Impresario mit dem Vorschlag heran, sie könne notfalls ihren Schmuck verpfänden und mit dem Geld die Aufführung retten. Sie besteht darauf, die Rolle der Mezzosopranistin zu übernehmen. Da ihr die Partie zu hoch liegt, transponiert das Orchester, und da ihre Stimme nicht ausgebildet ist, spielen die Streicher mit Dämpfer. Es folgt die zweite Arie der Ersten Sopranistin und schließlich die in der Opera seria übliche Apotheose, meist eine triumphale Verherrlichung des Auftraggebers. Stefano beherrscht seine Partie noch nicht und muß wiederholen. Man entscheidet sich, direkt zum Trauermarsch zu springen, zu dessen Klängen Ersilia dem Opfertod zugeführt werden soll. Der Schluß ist wie aus dem Lehrbuch der Opera seria (und damit typisch für ein Libretto von Pietro Metastasio): Romulus soll Ersilia den Göttern opfern, obwohl (oder weil das die Tragik ins Unermeßliche überhöht: gerade weil) er sie liebt. Ehe er zusticht erscheint Luigia als Götterbote und sorgt für das glückliche Ende (lieto fine).

Hege Gustava Tjoenn + Opernchor des Theaters Regensburg 1999

Hege Gustava Tjoenn + Opernchor des Theaters Regensburg 1999

Der Primadonna ist der Schluß zu kurz: sie wünscht sich vom Komponisten als Verlängerung eine veritable Tempesta, was den Chor freut, denn bei einer solchen Sturmmusik ist er traditionell mit von der Partie. Ein Bote stört die Generalprobe. Der Impresario geht zu ihm hinaus und kommt mit einer Hiobsbotschaft zurück. Der Stadtrat hat befunden, daß ohne die abgereisten Gesangsstars die am Gastspielort gewohnte hohe Qualität nicht mehr garantiert sei; ein Zuschuß kommt daher nicht in Frage. Wenn die Truppe dennoch auftreten möchte, muß sie zuvor eine hohe Kaution hinterlegen. Mamma Agata trennt sich von ihrem Schmuck und hinterlegt ihn als Kaution. Die Aufführung von „Romulus und Ersilia“ kann stattfinden.

Ob und wie sie jedoch stattfindet, erfahren wir nicht mehr; denn die Oper endet anstatt in einem Triumphgesang auf die Götter und die Macht der Liebe zwischen Romulus und Ersilia in einem allgemeinen Lob für die großzügige Mamma Agata.