1913 (Carl Sternheim)

1913 (Carl Sternheim)

Das Stück bildet den dritten Teil der „Maske“-Tetralogie und zeigt den Bourgeois Maske auf dem Gipfel seiner Macht. Als Herr eines Industriekonzerns zum Freiherrn Maske von Buchow ernannt, verkörpert jedoch Christian Maske jenes Leistungs- und Pflichtethos der Gründerzeit, das bei seinen Erben zur bloßen Habgier verkommen ist und den drohenden Untergang der wilhelminischen Gesellschaft, die Sternheim in seiner Tetralogie porträtiert, bereits ahnen läßt. – Der 70 jährige Maske führt auf Schloß Buchow einen erbitterten Kampf mit seinem Erben. Seine Tochter Sofie, verheiratete Gräfin von Beeskow, hat zwar den berechnenden Geschäftssinn ihres Vaters geerbt, nicht aber dessen Weitblick, während Tochter Ottilie und Sohn Philipp Ernst beharrlich ihren privaten Neigungen nachgehen. Während einer Krankheit des Vaters nutzt Sofie die Gelegenheit, um einen Waffenvertrag abzuschließen, den der Vater jedoch nicht billigt. Der Machtwille Maskes erwacht wieder angesichts der Furcht, daß seine Tochter sein „Lebenswerk in Stücke“ schlägt; während er zwar ein „lebendiges, ungezügeltes Lebensbewußtsein“ auslebte, aber zugleich Wert auf die Herstellung von Qualitätsprodukten legte, sieht Sofie im Konsumenten nur ein manipulierbares Objekt. Ihre Haltung beweist Christian, daß die bestehende Gesellschaft keine Zukunft habe: „Nach uns der Zusammenbruch! Wir sind reif!“ Zwar gelingt es ihm, die Pläne seiner Tochter zu verhindern, aber im Triumphgefühl des Sieges trifft ihn der Schlag. Und auch seine Hoffnung auf eine Veränderung der Gesellschaft durch jene, die „von Grund auf die Zustände erschüttern, die wir geschaffen“, bleibt Illusion. Sein Sekretär Wilhelm Krey, auf den Maske diese Hoffnung setzt, träumt von der Rettung durch die „deutsche Idee“ und erliegt schließlich den Reizen von Maskes Tochter Ottilie.

Bild: Martin Wuttke, Kristin Derfler, Justus von Dohnanyi, Jürgen Holtz, Ffm/M. 1987

Das Schauspiel, das zwischen 1913 und 1914 entstand und während des Ersten Weltkriegs nicht aufgeführt werden durfte, da es „in gegenwärtiger Zeit geeignet ist, den inneren Frieden zu stören“, fand seine Fortsetzung im 1923 uraufgeführten Stück Das Fossil, das bereits in der Zeit der Weimarer Republik spielt. Sofie wird samt ihrem Liebhaber von ihrem Schwiegervater, dem General von Beeskow, getötet. S. selbst schrieb zu diesem letzten Stück der „Maske“-Tetralogie: „An den Mitgliedern der Familie Maske und ihrer Abkommen ist alles Wesentliche des Zeitabschnitts, den wir miterlebten, gezeigt: Aufstieg und cynisches Verkommen einer bürgerlichen Dynastie bis zum Augenblick der Entscheidung über Europas Schicksal.“